MPE-ART-CIRCLE 2019

I joined it, I enjoyed it, I recommend it

Charme meets business – hochrangiges art-networking in den schönen Räumen des Auktionshauses Koller am Maximiliansplatz in München. Versiert und humorvoll organisiert von MPE (https://mpe-poelnitz-egloffstein.com). Die charmante Gastgeberin lässt nicht zu, dass man ohne Kontakte bleibt: Am 27. Mai trafen sich rund 100 Menschen, die Kunst lieben, mit ihr handeln, sie präsentieren, über sie schreiben, sie kaufen oder anschauen, sie diskutieren ….. Die persönliche Netzwerkkarte (klug und effektiv) eines jeden geladenenTeilnehmers dient als zusätzliche Sicherheit, in erstaunlicher Geschwindigkeit löst ohnenhin ein interessantes Gespräch das nächste ab. Eine Art speed dating für berufliche und/ oder private Kontakte. Wenig seichtes Geplauder, vielmehr wirklich interessierte Menschen, die offen und konzentriert aufeinander zugehen. Entspannt, effektiv und mit viel Witz! Ich freue mich auf das nächste event.

Fiona Seidler (Koller Auktionen), Katharina Fenners (Reisen à la Carte), Hermine Prinzessin zu Salm-Salm (Cura Placida), Monika Freifrau von Pölnitz-Egloffstein (MPE-Media Projects Events)
Elfi Zamut (Monaco Lifestyle Magazine), Hans-Peter Dannheising (NIXDORF Kapital AG), Fiona Baronin Loeffelholz von Colberg (Bamberger Kunst und Antiquitäten Wochen)
Michael Menzer (ZEIT Kunstverlag), Dr. Annika Schoemann (Artcoach und Kuratorin, Vorstandmitglied PIN), Malte Wiedemeyer (Hotel Opéra; Gandl; BAR LEHEL, Hotel Krone)
Max Tidorf (Schauspieler), Dr. Dr. Stefan Groß (Tabula Rasa Magazin, The European)

Fotos Peter Seufert, mit freundlicher Genehmigung von MPE

Michael Jackson: On the Wall

Bundeskunsthalle Bonn

Unscheinbar, aber sicher das stärkste Bild der Ausstellung: das Familienhaus der Jacksons, der Grundstein für Jacksons Leben in all seinen Facetten. Eine von Leistungsdruck geprägte Kindheit, ein aggressiver, gewalttätiger Vater, der die Kinder zum Erfolg prügelt. Es ist eines der ganz wenigen biografischen Dokumente in der Ausstellung. Enge, Ausweglosigkeit, Sinnbild für die Situation eines großen Teils der schwarzen, amerikanischen Bevölkerung in den 60er Jahren. Der Charakter des Fotos steht in starkem Kontrast zu den dominanten, farbtrunkenen, oft pompös schwülstigen übrigen Exponaten. Wenn dieses Bild der Anfang ist, findet man Jacksons Ende in Pamela Rosenkranzs Animation Over my Brainbow (2011):

Grossaufnahme Michael Jackson. Deformiert. Durchscheinbar gemacht, mit Blick ins Leere. Opfer seiner eigenen Inszenierung. Der Gedanke des ‚Passing‘ ist nicht neu. Damit hat sich eine ganze Generation während der Harlem Renaissance in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts beschäftigt. Jackson benutzte keine chemischen Substanzen (oder doch?) wie der Protagonist Max Disher in George Schylers Roman Black no more (1931), er gleicht seine Physiognomie mit Hilfe von Operationen der der weißen Rasse an. DerTraum weiss zu werden und damit Teil einer Gesellschaft, die vermeintlich mehr wert, akzeptierter und erfolgreicher ist – gleichzeitig aber auch verantwortlich für den Leidensdruck. Michael Jackson trägt diesen Wunsch im Gesicht und macht ihn zu einer globalen message.

Die konzeptionelle Idee der Ausstellung: Michael Jackson als zunehmend global wirkendes Phänomen zu zeigen, insbesondere in der Interpretation anderer Künstler. Egal ob man ihn jemals mochte als Künstler oder Menschen, Michael Jackson hat die Welt der Musik/ Videoproduktion revolutioniert. Sein weltweiter Erfolg war bahnbrechend. Die Ausstellung On the Wall erreicht durch die jüngsten Vorwürfe gegen Michael Jackson eine neue rezeptorische Dimension und eine weitere, ganz tragische Komponente. Daraus ergibt sich ein (ungeplanter) Nebeneffekt. Durch die Missbrauchsvorwürfe wird ein Prozess angestossen: Die emotionale Interaktion verlässt die Ausstellungsräume und wird in andere Umgebungen transformiert – in ungeahnter Heftigkeit, initiiert von der Wucht der Information. Damit entspricht On the Wall (ungewollt) einem Trend im musealen Konzept hin zu einer neuen Form der Interaktion (jüngst wieder zu hören im Bonner Kunstmuseum beim Vortrag von Chris Dercon, Präsident der Réunion des Musées Nationaux et du Grand Palais, Paris (https://www.kunstmuseum-bonn.de/information/aktuell/). Laut Dercon stehe das Erlebnis im Vordergrund und nicht so sehr die ausgestellten Objekte. Und wenn eine Lösung von den Objekten stattfinde, könne das emotionale Erlebnis auch in andere Räume übertragen werden. Genau das passiert in On the Wall: Die Objekte treten in den Hintergrund und das, was sie auslösen hebt die Bindung zum Ausstellungsbereich auf. Die Besucher sind durch die jüngsten Nachrichten in ihrer Wahrnehmung verändert. Durch die Dokumentation Leaving Neverland https://www.prosieben.de/tv/leaving-neverland drängen sich auch bei Pamela Rosenkranzs Over my brainbow neue Assoziationen auf. In ihrer Animation sieht man jetzt die zwei Gesichter des für den Friedensnobelpreis nominierten Superstars: MJ als leere Hülle, dem weder Geld noch Ruhm geholfen haben, sein Schicksal zu bewältigen. So wie auch die Fotografie von seinem Elternhaus nicht mehr wirklich dazu dient, einen Kontrast zum späteren Zuhause MJs zu bilden: Es wird vielmehr Symbol für das sich wiederholende Unrecht. Einer der Hauptankläger in Leaving Neverland, Wade Robson, sagt, der Sänger sei einer der gütigsten, liebevollsten Menschen gewesen, die er kannte. Sollten die Vorwürfe des Missbrauchs zutreffen, hat Michael Jackson eines der grausamsten Verbrechen begangen, die ein Mensch begehen kann.

Künstler sind nicht selten als Menschen rücksichtslos, politisch unkorrekt und grausam, können aber trotzdem künstlerisch bewegend und bedeutsam sein. (Deutlich vor Augen geführt in der MeToo Debatte…) Beides geht zusammen. Das zeigt uns die Kunst immer wieder. Insofern wurde On the Wall ein statement, nicht so sehr wegen der Exponate, sondern wegen der Intensität, mit der die Ausstellung sich für die Bedeutung der Kunst ausspricht und sich gleichzeitig der Verantwortung stellt, die ausgelöste Kontroverse anzunehmen.

Die Ausstellung wurde von der National Portrait Gallery, London, entwickelt und mit der Bundeskunsthalle organsiert in Kooperation mit dem Michael Jackson Estate. Laufzeit 22. März-14. Juli 2019. https://www.bundeskunsthalle.de

Fotos mit freundlicher Genehmigung der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland.

art must be beautiful

The Cleaner

Schmerz als Läuterung – Die Performance Künstlerin Marina Abramović in der Bundeskunsthalle Bonn

„Art must be beautiful, Artist must be beautiful“ – diese sich ständig wiederholenden Worte hört der Besucher schon, wenn er sich noch im Eingangsbereich der Ausstellung The Cleaner aufhält. Er erfährt bereits akustisch eines der zentralen Themen, mit denen sich die Künstlerin Marina Abramović, geboren 1946 in Belgrad, auseinandersetzt: Schmerz. Die Bonner Retrospektive beginnt jedoch zunächst mit Abramovićs Performance The Artist is Present: 736 Stunden saß Marina Abramović anlässlich einer Ausstellung 2010 im New Yorker Museum of Modern Art reglos auf einem Stuhl und stellte sich allein durch stummen Augenkontakt dem mentalen und emotionalen Austausch mit Besuchern, die auf einem Stuhl ihr gegenüber Platz nehmen konnten. Radikal ist diese Arbeit in ihrer energetischen Gewichtung, wenngleich auch scheinbar still. Ruhig bleibt es im weiteren Gang durch die Ausstellung nicht, im Gegenteil, Abramovićs Auseinandersetzung mit immateriellen Kunstformen wie Klang und Performance ist laut und zieht den Zuschauer in ein Wechselspiel aus Faszination, Mitleid und Humor. Die Künstlerin stellt sich der Auseinandersetzung mit der Öffentlichkeit und ihrem Publikum absolut rückhaltlos. Nicht nur in ihrer körperlichen Nacktheit, sondern auch in einer kompromisslosen Art, ihrer Suche nach Grenzerfahrung oder ihrem Schmerz Ausdruck zu verleihen, wie etwa bei Lips of Thomas, einer Performance mit vielschichtiger Symbolik, die politische, okkulte und christliche Komponenten vereint und bei der Abramović sich mit einer Glasscherbe einen fünfzackigen Stern in den Bauch ritzt. Oder bei der Performance Art Must Be Beautiful, Artist Must Be Beautiful, in der sie sich nackt die Haare mit einer Metallbürste kämmt und sich bei dem symbolischen Akt der Verschönerung Gesicht und Kopf verletzt. Ursprünglich aus dem Jahr 1974 und damals gedacht als Protest gegen die damalig vorherrschende Adaption von Kunst als Dekorationsobjekt, zeigt die Bundeskunsthalle hier eine Re-Performance mit eigens für die Ausstellung gecasteten Menschen, die die Intensität der ursprünglichen Performance wieder beleben.

Re-Performance, Bundeskunsthalle Bonn

Heute aktueller denn je wird hier der Aspekt der Schnelllebigkeit von Kunst, der Vergänglichkeit von Schönheit, die Schnelllebigkeit überhaupt unmittelbar. So ist für den Intendanten der Bundeskunsthalle, Rein Wolfs, der Einsatz von Re-Performances essentiell, als immersives Gesamterlebnis für den Zuschauer und um die kunsthistorische Tragweite Abramovićs zu verdeutlichen.

Es werden Werke aus 50 Jahren gezeigt, einen Schwerpunkt bildet die gemeinsame Schaffenszeit mit dem deutschen  Künstler Ulay (Frank Uwe Laysiepen, *1943), der 12 Jahre ihr Lebenspartner war. Der Besucher der Bonner Retrospektive wird Zeuge, wie das Paar die Themen Symbiose und Dualität, Abhängigkeit und Vertrauen, Schmerz und Innigkeit durch seine Performances in die Öffentlichkeit bringt und in Interaktion mit dieser Prozesse freisetzt: Imponderabilia heisst eine Aktion, die Abramović und Ulay 1977 in Bologna zeigen. Sie positionieren sich – nackt und frontal zueinander– am Eingang des Museums. Der Abstand zwischen ihnen zwingt die eintretenden Zuschauer der damaligen Ausstellung, sich seitlich zu drehen, entweder Richtung Ulay oder Richtung Abramović. Die Genderfrage, die Frage nach Mut, nach unkalkulierbarer Energie und Scham wird erlebbar. In Bonn zeigen zwei Performer diese Aktion in der Ausstellung, nicht am Eingang, und der Besucher hat leider die Wahl, sich auf diesen Prozess einzulassen oder diesen Weg zu umgehen.

Re-Performance, Bundeskunsthalle Bonn, Imponderabilia

Die Performance des Künstlerpaares Abramović/ Ulay wurde damals von der italienischen Polizei abgebrochen, nicht ohne dass der zuständige Polizist die beiden nackten Künstler aufforderte, ihm ihre Papiere zu zeigen.

Das zentrale Thema Schmerz zieht sich auch durch den Bereich der Ausstellung, der Abramović in ihrer Auseinandersetzung mit dem Zerfall Jugoslawiens, dem Balkankrieg und ihrer serbisch-montenegrinischen Herkunft zeigt. Sie thematisiert Existenz, Brutalität, Vergänglichkeit und Trauer auf drastische Art, wie bei Balkan Baroque (1977), wo Abramović auf einem Berg blutiger Rinderknochen sitzt und versucht, diese sauber zu waschen, sie von Gewalt und Gestank zu befreien.

Im Verlauf der Ausstellung wird es stiller, die Methoden aber nicht weniger intensiv. Abramović wird spiritueller, widmet sich den sogenannten transitorischen Objekten, dem energetischen Austausch zwischen Steinen und Menschen etwa oder bewusstseinserweiternde Methoden wie Meditation und Einfachheit. Konkret wird der Besucher aufgefordert, innezuhalten, die Kraft der Mineralien, der Natur im weitesten Sinne wahrzunehmen. Was aber bleibt ist Marina Abramovićs rückhaltlose Zurschaustellung dessen, was sie bewegt und der Prozesse, die sie durchlebt. Es gipfelt in Luminosity, 1997, einer Videoarbeit, bei der sie nackt und ohne Bodenkontakt auf einem Fahrradsattel sitzt. Den Zuschauerblicken und damit der Öffentlichkeit schutzlos ausgeliefert – verstärkt durch stark ausleuchtendes Scheinwerferlicht – versucht die Künstlerin, die Balance zu halten und ihr inneres Gleichgewicht zu finden. In der Bundeskunsthalle ist diese Arbeit als sehr ästhetische Re-Performance zu sehen.

Die Künstlerin Marina Abramović durchlebt immer wieder Reinigungsprozesse, das Säubern als Befreiung. Schmerz als Grenzerfahrung prägt ihr künstlerisches Schaffen grundlegend. Sie setzt ihren Körper auf bahnbrechende Art als künstlerisches Experimentier- und Ausdrucksmittel ein, um ihre eigenen psychischen und physischen Grenzen und die zu ihrem Publikum zu erfahren.

Eine Ausstellung der Bundeskunsthalle in Kooperation mit dem Moderna Museet, Stockholm, und dem Louisiana Museum of Modern Art, Humlebaek. Die Ausstellung wird im Anschluss im Palazzo Strozzi, Florenz, gezeigt https://www.bundeskunsthalle.de/index.html