FLESH LOVE ALL

Der japanische Künstler Photographer Hal erstmals in Deutschland

Opening 28. April 2023., Galerie ARTOXIN MUC

Artist Talk 29. April 15 Uhr

Bei den Fotosessions des japanischen Künstlers Photographer Hal bekommt das Wort Nähe eine ganz neue Dimension: Ein engumschlungenes Paar wird in durchsichtige Folie einwickelt und dann vakuuminiert. Dem eingewickelten Paar wird der Sauerstoff entzogen, knapp 10 Sekunden lang ist es unfähig zu atmen. Eine Art Nahtod-Erfahrung, die ein hohes Maß an Vertrauen zum Künstler voraussetzt. Bei diesem Motiv geht um die (Wieder-) vereinigung von Mann und Frau – zwei Liebenden – zu Einem. Der Schöpfungsprozess in der Umkehrung. Es dauert nur einen kleinen Augenblick und wird in einem Foto verewigt.

Haruhiko Kawaguchi, alias Photographer Hal, geboren 1971 in Tokio, studierte zunächst in seiner Heimatstadt. Auf der Suche nach Begegnungen mit möglichst vielen Menschen unterschiedlicher Herkunft, bereiste er den Mittleren Osten und Indien und entdeckte so seine Liebe zur Fotografie. Mit Hilfe der Kamera überwand Hal nicht nur Sprachbarrieren sondern, wie er selbst sagt, seine eigene Schüchternheit. Nach Studienabschluss arbeitete er in der Werbung und in der Modefotografie. Dabei rückte der Mensch selbst immer stärker in den Fokus seiner Arbeit.

Die Folie (biologisch abbaubar und mehrfach verwendet) setzt der japanische Künstler ein, um die maximale Nähe der Personen erlebbar zu machen: Sie umschlingt die Modelle lückenlos und ermöglicht es gleichzeitig dem Betrachter, an diesem Augenblick der Nähe teilzunehmen. Diese extreme Form der Bindung zweier Liebenden aneinander – so der Künstler in einem Interview – zeige sein eigenes Verlangen nach tiefen Beziehungen.

Allein der Anblick der vakuuminierten Menschen lässt einen tief Luft holen. Unser Bedürfnis frei atmen zu können ist nicht erst seit der Pandemie ein zentrales Thema. Hal hat mit seinen Arbeiten der vergangenen Jahre in fast beängstigender Weise eine menschliche Konstellation vorweggenommen, die bislang nur als künstlerische Performance stattgefunden hat. So zum Beispiel bei einem Motiv aus der Fotoserie ‚Flesh Love All‘, das ein vakuuminiertes Paar vor seinem ebenfalls mit Plastikfolie bedecktes Zuhause zeigt. Hal macht die Verbundenheit zweier Menschen sichtbar und gleichzeitig die Bindung dieser Einheit an ihre unmittelbare und weitere Umgebung: mit allen Sehnsüchten genauso wie mit Ängsten angesichts globaler Herausforderungen und Bedrohungen. Die Szene wirkt merkwürdig surreal, die Folie wie eine ganzheitliche Schutzhülle eines abgeschirmten, privaten Areals, in das keine Gefahr eindringen kann, der Wunsch des Individuums nach Sichtbarkeit und Teilhabe aber bestehen bleibt.

Mit Beginn der Pandemie stiegen die Anfragen an den Künstler, die kostbare Intensität der Zweisamkeit zu feiern und mittels einer Fotosession zu manifestieren; die Nachfrage hält ungebrochen an. Dabei fungiert die Folie nicht als ein trennendes, sondern als verbindendes Element zwischen Individuum und Umwelt, weil der Künstler nicht verhüllt oder abgrenzt. Das verwendete  Material weckt Assoziationen zum embryonalen Zustand: Eine schützende Folie, ähnlich der Fruchtblase – wäre da nicht die Atemnot; aber auch darum geht es bei der Arbeit des Künstlers: die Co-Existenz von Leben und Tod, von Unschuld und Gefahr.

FLESH LOVE ALL, Galerie ARTOXIN,

28. April 2023, 18-21 Uhr, Eröffnung

29. April 2023, 15 Uhr, Artist Talk,

Kontakt Galerie ARTOXIN, München & Galerie Nischke München

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